Empfehlungen für eine zukunftsorientierte Qualifizierung von Promovierenden in Deutschland
27. Juni 2025: Mit einem neuen Positionspapier aktualisiert der Universitätsverband zur Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland, künftig Universitätsverband zur Qualifizierung von Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen in Deutschland (UniWinD) e. V. seine 2011 publizierten Empfehlungen zur Promotion an deutschen Universitäten.
Eine englische Übersetzung wird demnächst hier veröffentlicht. An English version of the recommendation paper will be published soon.
Zur Pressemitteilung der Universität Jena.
Zur Erarbeitung dieser Empfehlungen hat der Vorstand 2023 eine Task Force eingerichtet, in der 11 Expert*innen mitgearbeitet haben - mehrheitlich aus den zentralen Graduierteneinrichtungen der UniWinD-Mitgliedsuniversitäten (weitere Informationen). Dieser Veröffentlichung gingen zwei Workshops auf der UniWiND-Jahrestagung 2023 in Berlin und ein verbandsinterner Diskussionsprozess voraus. Das vom UniWinD-Vorstand herausgebene Papier versteht sich als ein Beitrag zur Debatte um die Zukunft der Promotion aus der Perspektive und langjährigen Erfahrungen der Graduierteneinrichtungen. Diese sind Anlaufstellen für Promovierende und Promotionsinteressierte und wirken zugleich bei der institutionellen Gestaltung des Promotionsprozesses mit.
Das Papier geht bewusst nicht auf unterschiedliche Fächerkulturen ein, sondern möchte fachübergreifende, zukunftsweisende Standards formulieren. Die im Papier empfohlenen Rahmenbedingungen und deren Umsetzung werden auch an den UniWinD-Mitgliedshochschulen/-einrichtungen teilweise kontrovers diskutiert. Das Papier bietet damit sowohl Leitlinien und einen Impuls zur institutionenübergreifenden Verbesserung der Rahmenbedingungen als auch eine einrichtungsinterne Diskussionsgrundlage zur Reflektion der eigenen Standards.
Die UniWinD-Empfehlungen 2025 ergänzen ähnliche Positionen wie z. B. die des Wissenschaftsrates (2023) und richten sich sowohl an Hochschulen, Fakultäten/Fachbereiche, Graduierteneinrichtungen als auch an außeruniversitäre Forschungs- und Fördereinrichtungen, Drittmittelgeber*innen sowie hochschulpolitische Entscheidungsträger*innen.
Einige Aussagen des Papiers 2011 sind immer noch uneingeschränkt gültig, auf die an dieser Stelle hingewiesen werden soll: Kern der Promotion „ist die eigenständige und originäre Forschung“. Promovierende sind demzufolge keine „Studierenden“, sondern Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen (early-career researchers), die einen bedeutenden Beitrag zur Forschung leisten. „Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Doktorand*innen müssen daher gefordert und gefördert werden“. Für den erfolgreichen Abschluss einer Promotion sind die wissenschaftliche (und persönliche) Betreuung durch eine oder mehrere Betreuungspersonen in den Fakultäten/Fachbereichen sowie die Begleitung bzw. Unterstützung durch die Universitäten und ihre Graduierteneinrichtungen entscheidend. UniWinD begrüßt weiterhin die Vielfalt der Wege zur Promotion. Andere Forderungen des damaligen Papiers wurden bereits umgesetzt:
- Die Datenlage zu Promovierenden hat sich inzwischen aufgrund der verpflichtenden Einführung der Promovierendenstatistik im Rahmen des Hochschulstatistikgesetzes (HStatG) deutlich verbessert. Dazu kommen noch Längsschnittdaten aus der National Academics Panel Study (nacaps) und aus dem Bundesbericht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerinnen in einer frühen Karrierephase (BuWiK).
- Zentrale Graduierteneinrichtungen, die 2011 erst nach und nach eingeführt wurden, sind heute an den meisten Universitäten etabliert.
Kern der neuen Empfehlungen sind folgende Forderungen, deren Umsetzung nun an Universitäten und Forschungseinrichtungen diskutiert werden kann:
- Trennung von Betreuung und Begutachtung bei gleichzeitiger Abschaffung der bisherigen Benotungspraxis;
- Finanzierung aller Promotionsvorhaben über eine Dauer von mindestens 3 Jahren und im Umfang von mindestens 65% Stellenanteil;
- Sicherstellung einer gewählten Interessensvertretung für die effektive Mitwirkung der Promovierenden in den universitären Gremien;
- Verpflichtende Einführung in die wesentlichen Aspekte guter wissenschaftlicher Praxis für alle Promovierenden (auch mit Blick auf Künstliche Intelligenz);
- Ausrichtung der überfachlichen Qualifizierungsangebote auch auf die Kompetenzbedarfe des außeruniversitären Arbeitsmarktes;
- Verstärkter Fokus auf die besonderen Belange internationaler Promovierender, insbesondere beim On- und Offboarding;
- Offenheit für die mit kooperativen Promotionsverfahren verbundene und gewünschte Vielfalt bei gleichzeitiger Gewährleistung aller entscheidenden Qualitätsstandards.
Wir bedanken uns an dieser Stelle herzlich bei allen Autor*innen der Task Force für das außerordentliche Engagement sowie bei allen UniWiND-Mitgliedern, die Feedback zum Textentwurf gegeben haben!